Heute wenden wir uns einer Schrift zu, die neben den lateinischen Buchstaben eine weite Verbreitung in Europa hat: der kyrillischen Schrift. Wer nun meint, dass diese für uns in der EU nicht relevant ist, den möchte ich bitten, sich einen Schein genauer anzusehen: Seit dem Beitritt Bulgariens finden sich auf jedem Geldschein auch die Worte "Euro" und "EZB" in kyrillischen Zeichen!
Einige Zeichen dieser Schrift ähneln der lateinischen Schrift und verwirren uns dann: Denken wir zum Beispiel an das CCCP auf den Rücken der Sportler aus der Sowjetunion. Das ist jedoch "SSSR" auszusprechen.
Ihren Ursprung hat die kyrillische Schrift im Bulgarien des 9. - 10. Jahrhunderts. Die Brüder Kyrill und Method entwickelten die glagolithische Schrift. Diese war die Basis für die kyrillischen Zeichen.Wie unsere lateinische Schrift besteht sie aus einzelnen Buchstaben und es gibt unterschiedliche Formen für den Druck und für die Handschrift.
Bis Anfang des 18. Jahrhunderts gab es sogar kyrillische Zahlen, die auf Buchstaben basierten, so wie die römischen Zahlen. Zar Peter I. jedoch schaffte sie 1708 ab. Somit sind auch in all diesen Ländern die uns wohl bekannten indisch-arabischen Zahlen gebräuchlich.
Mit der kyrillischen Schrift wird nicht nur Russisch geschrieben. Auch andere slawische Sprachen nutzen dieses Alphabet: Ukrainisch, Belarussisch, Mazedonisch, Bulgarisch, Serbisch, Serbokroatisch, Monteniginisch. Außerdem sind die auf kirchenslawisch geschriebenen liturgischen Texte der orthodoxen und katholischen Ostkirchen mit einer Variante dieser Schrift geschrieben.
Schon bei den vielen verschiedenen slawischen Sprachen war es notwendig, für Laute, die im Russischen nicht vorkommen, eigene Buchstaben zu entwickeln. So zum Beispiel das "H", das im Russischen fehlt, aber im Ukrainischen vorhanden ist.
Kyrillische Schrift für nicht-slawische Sprachen
Besonders interessant ist, dass auch einige Sprachen Zentralasiens die kyrillischen Schrift nutzen. Sie sind überhaupt nicht mit den indo-germanischen Sprachen verwandt, zu denen auch die slawischen Sprachen zählen. Einige gehören zu den Turksprachen: Kasachisch, Kirgisisch und Uigurisch. Das liegt sicher daran, dass sie in Ländern gesprochen werden, die einmal zur Sowjetunion gehörten.
Sogar asiatische Sprachen nutzen das kyrillische Alphabet. Zwar verfügt die Mongolei über eine eigene Schrift, doch sie übernahm im 20. Jahrhundert diese Schrift aus praktischen Gründen: Einfache Kommunikation mit der Sowjetunion.
Selbst eine in Zentralasien, genauer gesagt in der Region von Kigisien, Kasachstan, Usbekistan gesprochene mit dem Chinesischen verwandte Sprache, das Dungarische, nutzt aus praktischen Gründen das kyrillische Alphabet.
Sonderfall Rumänisch
Eine Weitere Besonderheit ist, das Rumänische: Da die Rumänen orthodoxe Christen sind, wurde ihre Sprache seit dem 13. Jahrhundert mit dem kyrillischen Alphabet geschrieben. In den von Österreich-Ungarn kontrollierten Gebieten ging man ab dem 18. Jahrhundert zum lateinischen Alphabet und der offiziellen ungarischen Orthografie über. Heute schreibt man dort mit einem auf dem lateinischen basierenden eigenen Alphabet.
In der Republik Moldau lebt jedoch in Transnistrien noch eine rumänisch-sprachige Minderheit, die weiterhin das kyrillischen Alphabet benutzt.
Tag der kyrillischen Schrift
Am 24. Mai ist der Tag der kyrillischen Schrift, was mich zu diesem Artikel inspiriert hat.
Als ich vor vielen Jahren einmal ein bisschen Russisch lernte, gehörte das Lesen und Schreiben dazu. Interessanterweise kann ich sie immer noch lesen und teilweise auch noch schreiben - denn damals haben wir natürlich alles noch mit der Hand geschrieben.
Aus dieser Erfahrung heraus plädiere ich auch heute noch dafür, dass Schüler viel mit der Hand schreiben. Nur wenn bei einer Lernapp auch die Funktion "schreiben" mit Hilfe des Touchscreens dabei ist, macht es für mich Sinn. Die Motorik nur auf der Ebene der Tastatur zu trainieren hilft nicht viel weiter, wenn es um das Einprägen der Form von Schriftzeichen geht.