Anläßlich des Tags der Alphabetisierung beschäftigte ich mich bereits mit verschiedensten Schriften der Welt. Dabei entdeckte ich, dass der koreanischen Hangeul-Schrift eine besondere Rolle zukommt. Am 9. Oktober wird in Südkorea der Jahrestag der Veröffentlichung des Textes zur Einführung des neuen Alphabetes mit einem Feiertag begangen. In Nordkorea gibt es einen Tag des Choson-gul am 15. Januar, der jedoch kein Feiertag ist.
Entstehung der Hangeul-Schrift
Die Koreaner lernten über die chinesischen Übersetzungen der buddhistischen Schriften überhaupt erst das Schreiben und Lesen. Bis ins 15. Jahrhundert schrieben sie auch Texte in ihrer Sprache auf chinesisch. Mit der Zeit fügten sie Lesehilfen an, die aus verkürzten Hanja (chinesischen Zeichen) bestandten. Es ist gut möglich, dass diese Gugyol-Zeichen die Vorlage für eine der japanischen Silbenschriften, den Katakana, boten. Schließlich sind diese genauso eckig wie die koreanischen Zeichen überhaupt.
König Sejong (1418 - 1459) war es ein Anliegen, den Wohlstand im Volk zu mehren und ihm auch den Weg zur Bildung zu eröffnen. Seine Motive dazu sind im Geleitwort zur "Einführung des neuen Alphabetes" (1446) verewigt und wurden auch ins deutsche übersetzt:
„Die gesprochene Sprache unseres Landes ist anders als die von China und passt auch nicht zu den chinesischen Schriftzeichen. Deswegen gibt es viele ungebildete Menschen, die gerne etwas niederschreiben würden, aber ihre Gefühle schriftlich nicht ausdrücken können. Über diese Tatsache bin ich sehr erschüttert, und so erfand ich 28 neue Buchstaben. Jeder soll diese Buchstaben zu seiner Erleichterung lernen und sie im täglichen Leben anwenden.“
König Sejong: König Sejong der Große, Yonghwa Verlag, 2006, S. 95, zitiert nach Wikipedia (10.10.2021)
Die Erfindung steht jedoch nicht im luftleeren Raum. König Sejong stand mit chinesischen Wissenschaftlern im Austausch und es scheint, dass die von den Mongolen entwickelte Phagpa-Schrift Pate gestanden habe. So erklärt sich, warum die die Hangeul-Schrift in Nordkorea nicht als Neuerfindung sondern als Weiterentwicklung gewertet wird.
Darüber hinaus trieb König Sejong die Erfindung des Buchdruckes mit beweglichen Lettern voran. So entstand in etwa zur selben Zeit, als Johannes Gutenberg den Buchdruck in Deutschland erfand, auch in Korea eine ähnliche Drucktechnologie.
Buchstaben oder Silben?
Das Besondere an der Hangeul-Schrift ist, dass die Buchstaben - Konsonanten und Vokale - nicht linear angeordnet sind, wie die griechischen, kyrillischen oder lateinischen Buchstaben. Vielmehr werden sie in einem Viereck zu Silben zusammengefasst.
König Sejong verfasste bereits erste Schriftwerke rein in Hangeul, daneben wurden weiterhin gelehrte Werke und Dokumente mit chinesischen Schriftzeichen geschrieben. Über 500 Jahre lang konkurrierten die beiden Schriftsysteme und die in Korea gebräuchlichen chinesischen Zeichen (Hanja) wurden immer wieder in offiziellen Schriftstücken und Schulbüchern verboten. Zwar hat die koreanische Sprache sehr viel mehr Silben als die japanische, doch sie weist immer noch sehr viele Homonyme (gleich klingende Worte) auf. Deshalb steht nun seit 1975 ein Katalog aus 1800 gebräuchlichen Hanja fest, der in den Schulen vermittelt wird. Darüber hinaus werden in wissenschaftlichen Werken, aber auch Zeitungen, weitere Zeichen verwendet.
In Nordkorea wurden die Hanja 1949 abgeschafft, später die wichtigsten Schriftzeichen in der Schule wieder eingeführt, doch sie finden im Alltag kaum Gebrauch.
Schrift und Bildung
Die Geschichte der Hangeul-Schrift zeigt sehr deutlich, wie die Vereinfachung einer komplizierten Schrift wie der chinesischen im engen Zusammenhang mit dem Bildungsstand des Landes zusammenhängt. Sie verdeutlicht jedoch auch die Vorteile der Hanja (kor.; jap. Kanji; chin. Hanzi) in der Klarheit der Bedeutung.
Auch in Japan und im kommunistischen China wurden diese Schriftzeichen unterschiedlich stark vereinfacht. Am vollständigsten hat sich dieses Schriftsystem auf Taiwan erhalten. Trotz des im Vergleich zu den Buchstabenschriften immer noch recht komplizierten Schriftsystems, herrscht vor allem in Südkorea und Japan ein hartes Bildungssystem. Und die PISA Studie attestiert doch den jungen Menschen in Ostasien ein sehr hohes Bildungsniveau.
Da ich selbst Japanisch beherrsche und ein wenig Chinesesch gelernt habe, werde ich hier sicher weiter forschen.
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